1. Weisst du noch, was damals deine ersten Eindrücke waren, als du mit der Nachtschicht begonnen hast?

Wir waren die 1. Nachtwachen – vorher hat es keine gegeben (vorher Schlafpikett). Vieles war unklar und wir wussten nicht genau wie das nun laufen wird. Ich war freudig, gespannt was auf mich zukommen wird.

2. Welches waren deine Tätigkeiten damals und wie hat sich dies über die Jahre verändert?

Priorität hatten immer (während all den 20 Jahren) die Kinder.  Pflege der Kinder, schöppele, zuhören und trösten. Schoppen zubereiten und Kleider «Nämele» war während all den Jahren auch immer eine Aufgabe. Eine Zeit lang mussten wir auch die Gemüsebreie vorbereiten. Die Reinigungsarbeiten waren früher viel mehr, wie z.B. Kästen ausräumen und reinigen, sogar einmal die Fenster reinigen, was schwierig war in der Nacht!

3. Konntest du eine Form von Beziehung zu den Kindern aufbauen?

Beziehung war sicher nicht dieselbe wie bei Tagesarbeit, aber die Kinder hatten grosses Vertrauen zu uns und kannten uns. Bei neuen Kindern war die Betreuung in der Nacht auch intensiver, da sie teilweise traumatisiert waren und wir ihr Vertrauen zuerst erlangen mussten. Die Präsenz der Nachtwachen gab ihnen auch nachts Sicherheit und Geborgenheit.

4. Wie hat sich die Nachtschicht auf deinen Schlaf und deine Gesundheit ausgewirkt?

Ich konnte immer gut schlafen auch tagsüber nach der Nachtarbeit. Auch gesundheitlich hatte ich keine Probleme, ansonsten hätte ich es nicht so lange gemacht.

5. Gab es bestimmte Routinen oder Tricks, um den Rhythmus besser zu verkraften?

Die Einstellung war sicher wichtig und eine gute Organisation zu Hause, da ich selber 5 Kinder habe.

6. Wie bist du mit z.B. sozialer Isolation durch weniger Kontakt am Tag mit Familien und Freunden umgegangen? 

Ich fühlte mich nicht isoliert, da ich selber eine grosse Familie habe und auch in Vereinen mitwirkte.

7. Was waren die grössten Herausforderungen in der Nachtschicht?

Wenn viele Kinder miteinander krank waren, da 1 Nachtwache für max. 14 Kinder zuständig ist, konnte man fast nicht allen gerecht werden. Auch die frühen Morgenstunden mit vielen wachen Kleinkinder konnte eine Herausforderung sein.

8. Gibt es besondere / spezielle Zwischenfälle an die du dich erinnerst?

Es war sehr speziell, wenn nachts die Polizei Kinder auf die Notaufnahme brachte. Situationen mit besorgten und herausfordernden Eltern, welche auch nachts telefonierten oder vor der Haustüre standen.

9. Wie war das Teamgefühl in der Nacht?

Teamarbeit war sehr wichtig und man unterstützte sich jeweils, z.B. beim «Schöppele» und trösten der Kinder.

10. Was hast du durch die Nachtschicht über dich selbst gelernt?

Prioritäten setzen – in der Nacht im Kinderheim Titlisblick und auch zu Hause.

11. Wie hast du es geschafft, über 20 Jahre lang motiviert zu bleiben?

Die Arbeit mit den Kindern macht mir sehr Freude. Die selbstständige, verantwortungsvolle Arbeitsweise. Der Teamgeist vom Kinderheim Titlisblick! Es war eine dankbare Aufgabe und mir hat es immer gefallen hier zu arbeiten.

12. Würdest du die Entscheidung in der Nacht zu arbeiten heute wieder treffen?

Jederzeit!

13. Was würdest du Mitarbeitenden mitgeben, die in der Nacht arbeiten möchten?

Man muss sich bewusst sein, was es heisst, in der Nacht wach zu bleiben und man muss sich am Tag erholen können. Sich der grossen Verantwortung bewusst sein, da man nur zu zweit arbeitet in der Nacht.

14. Wie fühlst du dich nun heute am Anfang deiner Pension?

Ich vermisse die Kinder und das strahlende Lachen der Kinder. Ich denke noch oft an die schöne Zeit zurück. Ich geniesse jedoch auch die neu gewonnene «Freiheit».

 

Ein herzliches Dankeschön für deine geleistete Arbeit in der Nacht im Kinderheim Titlisblick und danke für deine Offenheit